Auto-Recht (Mängelrecht)

 

Das Automängelrecht ist eine Rechtsmaterie, die aufgrund der Vielzahl der dazu ergangenen Entscheidungen zahlreiche Bücher füllt. Aufgrund dieses Detailreichtums kann vorliegend nicht auf alle Probleme eingegangen werden. Ziel ist es somit lediglich, einen groben jedoch informativen Überblick über den Themenbereich des Gewährleistungsrechts beim Autokauf (bzw. Motorradkauf oder LKW-Kauf) zu geben.

 

Inhaltsverzeichnis
 
1. Was kann der Käufer bei der Geltendmachung seiner Gewährleistungsrechte verlangen?
2. Was sollte der Käufer stets tun, wenn ein Mangel auftritt?
3. Wie kann eine solche Aufforderung zur Nacherfüllung aussehen (Verzugsetzung)?
4. Der Kaufvertrag beim Autokauf
5. Wann liegt ein Sachmangel vor?
6. Wie lange besteht das Gewährleistungsrecht?
7. Wer ist Verbraucher und wer Unternehmer?
8. Beispielsfall im Sachmängelrecht
 

 

 

1. Was kann der Käufer bei der Geltendmachung seiner Gewährleistungsrechte verlangen?

-       immer Nacherfüllung

-       ggf. Rückabwicklung

-       ggf. Minderung

-       ggf. Schadensersatz

 

2. Was sollte der Käufer stets tun, wenn ein Mangel auftritt?

Der Käufer sollte dem Verkäufer schriftlich eine angemessene Frist (i. d. R. eine Woche) zur Nacherfüllung setzen. Nimmt der Verkäufer diese Möglichkeit nicht wahr, so kann der Käufer ggf. Schadensersatz (z. B. Rechtsanwaltskosten, entgangener Gewinn) verlangen, zurücktreten oder die Minderung erklären. Wichtig!!! Kommt der Verkäufer seiner Pflicht bis zum angegebenen Zeitpunkt nicht nach, so ist er ab diesem Zeitpunkt im Verzug. Beauftragen Sie nun einen Rechtsanwalt, so hat grds. der Verkäufer die Rechtsanwaltskosten zu tragen.  

 

3. Wie kann eine solche Aufforderung zur Nacherfüllung aussehen (Verzugsetzung)?

Ihre Adresse                                                                         Ort, Datum

Tel.

Ggf. Email

 

Adresse des Verkäufers

 

 

Betreff: Nacherfüllung bis zum XX.XX.XXXX

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider mussten wir feststellen, dass das von Ihnen gekaufte Auto einen Mangel aufweist. …. Hierauf sollte eine kurze Mangelbeschreibung erfolgen ….

Ich fordere Sie hiermit auf, den Mangel bis zum XX.XX.XXXX zu beseitigen. Das Auto befindet sich derzeit …Ort…. Bitte melden Sie sich unter den oben genannten Kontaktdaten, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Sollten Sie die Nacherfüllung nicht bis zum angegebenen Zeitpunkt vornehmen, werde ich einen Rechtsanwalt beauftragen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

 

4. Der Kaufvertrag beim Autokauf

Auf dieser Ebene wird entschieden, ob das Gewährleistungsrecht Anwendung findet. In bestimmten Fällen ist es möglich die Gewährleistung völlig auszuschließen. Diese Möglichkeit steht grds. jedoch nur Verbrauchern zu, Unternehmer müssen auf andere Mittel zurückgreifen.

Für diese ist es in bestimmten Fällen (im Gebrauchtwagenhandel) aber dennoch möglich, das Gewährleistungsrecht auf ein Minimum zu beschränken oder durch ein Agenturgeschäft bzw. Vermittlungsvertrag auszuhebeln – vorausgesetzt es liegt tatsächlich ein solches Geschäft vor.

Wurde die Gewährleistung nicht ausgeschlossen oder wurde Sie ausgeschlossen, obwohl dies gesetzlich nicht erlaubt ist, so kann der Käufer zwei Jahre lang Gewährleistungsansprüche für Mängel geltend machen, die bei Gefahrübergang (i. d. R. bei Übergabe) vorhanden waren.

 

5. Wann liegt ein Sachmangel vor?

Ein Sachmangel liegt vor, wenn die vertraglich zugesicherte Soll-Beschaffenheit von der Ist-Beschaffenheit abweicht. Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall geprüft werden.

In diesem Zusammenhang muss danach gefragt werden, wer zu beweisen hat, dass die Sache bei Gefahrübergang mangelhaft war (Beweislast)?

Grds. hat der Käufer den Beweis zu erbringen.

Anders ist dies jedoch wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer etwas gekauft hat. Ohne auf die Vielzahl der Einzelfälle genauer einzugehen, kann in diesem Fall ganz pauschal gesagt werden, dass während der ersten sechs Monate vermutet wird, dass der Mangel bereits bei Gefahrenübergang vorlag. Nach sechs Monaten muss grds. vom Verbraucher bewiesen werden, dass ein Mangel bei Gefahrübergang vorlag.

 

6. Wie lange besteht das Gewährleistungsrecht?

Ohne wiederum auf den Einzelfall einzugehen, kann davon ausgegangen werden, dass Mängelrechte

- bei Bauwerken und Sachen, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden sind, dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat => nach fünf Jahren verjähren.

- in allen übrigen Fällen (z.B. dem typischen Fall des Autokaufs) => nach zwei Jahren (wenn nicht) der Grund a) in einem dinglichen Recht eines Dritten, aufgrund dessen Herausgabe der Kaufsache verlangt werden kann, oder b) in einem sonstigen Recht, das im Grundbuch eingetragen ist, besteht

verjähren. Im Grunde kann somit beim Autokauf von einer zweijährigen Verjährung ausgegangen werden.

 

Wie bereits erwähnt, kann vertraglich in vielen Fällen etwas anderes vereinbart sein.

 

 

7. Wer ist Verbraucher und wer Unternehmer?

Nach § 13 BGB ist Verbraucher - jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann -.

Nach § 14 BGB ist Unternehmer - (Abs. 1) eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. (Abs. 2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

 

 

8. Beispielsfall im Sachmängelrecht

Der folgende Fall soll ein typisches Problem des Gewährleistungsrechts aufzeigen.

  

Klage

 

in Sachen

 

- Kläger - XXX

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Martin Bernhard, Buchenberger Weg 7, 87439 Kempten (Allgäu),

 

gegen

 

- Beklagter - XXX

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt des Beklagten

 

wegen Schadensersatz aus Kaufvertrag

Streitwert: 2.453,90 €

Namens und im Auftrag des Klägers erhebe ich hiermit Klage beim Amtsgericht XXX mit dem

 

Antrag:

I.             Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.453,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 01.08.2010 zu zahlen.

II.            Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.          Das Urteil ist – notfalls gegen Sicherheitsleistung - vorläufig vollstreckbar.

Für den Fall des schriftlichen Vorverfahrens wird vorsorglich für den Fall der nicht rechtzeitigen Anzeige der Verteidigungsbereitschaft Versäumnisurteil gegen den Beklagten beantragt.

  

Begründung:

Die Beteiligten streiten um Schadensersatzansprüche aus Kaufvertrag.

 

Der Kläger wurde auf ein von dem Beklagten im Internet angebotenes Motorrad des Modells R 11 R BMW aufmerksam. Das Angebot ließ nicht auf etwaige Mängel am Motorrad schließen.

Beweis: Internetangebot der Maschine

 

Der Kläger schaute sich am 20.07.2010 das Motorrad zusammen mit seiner Ehefrau XXX bei dem Beklagten an.

Das Motorrad konnte nicht Probe gefahren werden, da es zum Zeitpunkt des Kaufes nicht für den Straßenverkehr zugelassen war.

Bei den Vertragsverhandlungen ließ sich der Kläger – im Beisein seiner Ehefrau – vom Beklagten daher versichern, dass das Motorrad funktionstüchtig sei. Insbesondere wurde in diesem Zusammenhang angesprochen, dass das Getriebe des Motorrads funktioniere. Der Kläger hat diese Frage gestellt, da es sich dabei -- nach seinen Erkenntnissen aus den im Vorfeld vorgenommenen Internetrecherchen -- um einen typischen Fehler dieses Motorradtyps handelt. Der Beklagte sicherte die Funktionstüchtigkeit der Maschine und des Getriebes der Maschine ausdrücklich zu.

Beweis: Frau des Klägers          

 

Daraufhin schlossen die Parteien den Kaufvertrag über die R 11 R BMW, wobei sie die Gewährleistung ausschlossen.

Beweis: Im Bestreitensfalle: Kaufvertrag vom 20.07.2010

 

Im Folgenden transportierte der Kläger das Motorrad mit seinem Hänger ab. Als der Kläger das Fahrzeug wenige Tage danach zugelassen hatte und ausprobieren konnte, stellte er fest, dass das Getriebe der Maschine einen erheblichen Mangel aufwies. Er zeigte den Mangel unverzüglich beim Beklagten an.

Beweis: Parteieinvernahme des Klägers

 

Nachdem sich der Getriebeschaden – auch für einen Laien - bereits nach den ersten Metern bemerkbar machte, muss davon ausgegangen werden, dass er schon bei Übergabe des Fahrzeugs vorlag und der Beklagte von dem Mangel auch wusste.

Beweis im Bestreitensfalle: Sachverständigengutachten nach Auswahl des Gerichts 

 

Der Kläger rügte den Mangel mit Schreiben vom 26.07.2010 und setzte dem Beklagten eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 31.07.2010. Der Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht.

            Beweis im Bestreitensfalle: Schreiben vom 26.07.2010 an den Beklagten

 

Der Kläger beauftragte daraufhin einen Anwalt. Auf das Schreiben vom 02.08.2010 hin verteidigte sich der Beklagte damit, dass ein Mangel nicht vorliege. Mit Schreiben vom 05.08.2010 behauptete er, dass der Kläger ein Motorrad mit einem Getriebeschaden gar nicht durch den TÜV bekommen hätte.

 

Es ist jedoch lebensfern anzunehmen, dass bei einer Hauptuntersuchung das Fahrzeug auf der Straße oder auf der Rolle ausgefahren wird bzw. eine Überprüfung der Gangschaltung erfolgt. Die Getriebeprüfung ist nicht Bestandteil der Hauptuntersuchung.

Beweis im Bestreitensfalle: Sachverständigengutachten nach Auswahl des Gerichts 

 

Im Schreiben vom 08.09.2010, also einen Monat später, wurde vom Beklagten dann plötzlich behauptet, dass die Ehefrau des Beklagten die Funktionsfähigkeit vor Vertragsschluss beweisen könne.

Diese Behauptung erscheint zweifelhaft. Fraglich ist schon, warum sich der Beklagte dieses Verteidigungsmittels erst mit Schreiben vom 08.09.2010 bediente und sich nicht bereits am 05.08.2010 darauf berief.

Die Maschine war zum Zeitpunkt des Verkaufs seit Längerem nicht mehr zugelassen, eine Funktionsfähigkeitsprüfung war somit grundsätzlich nicht möglich. Aufgrund der zeitlichen Abfolge der Geschehnisse und der Eigenart des Mangels muss davon ausgegangen werden, dass das Fahrzeug bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war.

Beweis: Sachverständigengutachten nach Auswahl des Gerichts

 

Eine Reparatur des Motorrads würde den Kläger 2.453,90 € kosten.

Beweis: Kostenvoranschlag Reparaturwerkstatt xxx

 

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes vorzubringen:

I.   Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz i. H. v. 2.453,90 € gegenüber dem Beklagten aus §§ 281 I 1, 280 I, III, 437 Nr. 3, 434 I 1, 443 I, 444 BGB zu.

1.     Die Parteien haben einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen.

 

a. Ein Mangel in  Form eines Getriebeschadens lag bei Gefahrübergang vor.

 

b. Zwar wurde laut Kaufvertrag die Gewährleistung ausgeschlossen, allerdings sicherte der Beklagte die Funktionstüchtigkeit der Maschine zu, weshalb er sich bzgl. des Getriebeschadens nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen kann.

In der Zusicherung ist eine Garantievereinbarung nach § 443 BGB bzw. zumindest eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB dahingehend zu sehen, dass die Maschine zumindest einen derartigen Zustand hat, dass sie funktionstüchtig ist. Eine Maschine, die bei Übergabe einen Getriebeschaden aufweist, ist nicht funktionstüchtig und entspricht daher nicht der vereinbarten Soll-Beschaffenheit.

aa. Aufgrund der ausdrücklichen Aussage ist vorliegend sogar von einer Garantieerklärung bzgl. der Funktionstüchtigkeit des Motorrads auszugehen, weshalb sich der Verkäufer bzgl. des Getriebeschadens nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen kann (§ 444 BGB). 

bb. Aber selbst wenn man von einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB ausginge, würde der vereinbarte Gewährleistungsausschluss den vorliegenden Mangel nicht erfassen, weil die Abrede über den Gewährleistungsausschluss nach der Rechtsprechung (BGH NJW 2007, 1346 [1349]) einschränkend dahingehend auszulegen ist, das sie sich nicht auf eine solche ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung I. S. d. § 434 I 1 BGB bezieht.

 

c. Im Übrigen kann der Gewährleistungsausschluss nicht gelten, da der Beklagte arglistig gehandelt hat (§ 444 BGB).

Der Beklagte muss beim Verkauf der Maschine Kenntnis vohttp://www.rechtsanwaltbernhard.de/administrator/index.php?option=com_content&sectionid=20&task=edit&cid[]=100n dem Getriebeschaden gehabt haben. Nur eine kleine Fahrt auf der Straße hätte ausgereicht, um diese Aussage zu treffen. Dem Verkäufer musste der Mangel bei seiner letzten Fahrt mit der Maschine aufgefallen sein. Selbst wenn man unterstellt, dass die Maschine für längere Zeit in der Garage gestanden ist, so ist zu sagen, dass es sich hier nicht um einen Mangel handelt, der durch Zeitablauf eintritt, sondern nur durch Krafteinwirkung eintreten kann. Daher ist davon auszugehen, dass der Verkäufer von dem Mangel auch wusste.

 

3. Nachdem die Nacherfüllungsfrist am 31.07.2010 fruchtlos verstrichen ist und der Verkäufer den Mangel bis heute nicht behoben hat, kann der Kläger den Reparaturschaden als Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 281 I i. V. m. 280 BGB ersetzt verlangen.

4. Der Schaden an der Maschine beläuft sich laut Kostenvoranschlag des Autohändlers auf 2.453,90 €.

 

II.   Aufgrund der Mahnung und dem fruchtlosen Ablauf der Nacherfüllungsfrist befand sich der Beklagte seit 31.07.2010 auch im Verzug. Er hat damit auch ab diesem Zeitpunkt die Verzugszinsen gem. §§ 286 I 1, 288 I BGB zu tragen.

Nachdem der Beklagte nach mehreren Aufforderungen die Nacherfüllung nicht vornahm bzw. den Schaden nicht beglich, ist Klageerhebung geboten.

 

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Martin Bernhard

 

Rechtsanwalt